Ich kann nicht mehr! Burn-out bei Müttern: Mach (jetzt) nicht diesen einen Fehler!

 

Denkst du oft: Ich kann nicht mehr? So kann das einfach nicht weitergehen? Aber du bist dir nicht sicher: Bin ich nur einfach platt – oder muss ich zum Arzt? Mir ging das auch so. Als mir mein Hausarzt die Diagnose Erschöpfungsdepression stellte, dachte ich: “Huch, wo kommt die denn her? Es war jetzt alles doch nur so mittel stressig.” Aber: Ich hatte diesen einen Fehler gemacht –  schon viele Jahre vor dem Arztbesuch. Davon später mehr.

Was ist überhaupt eine Erschöpfungsdepression?   

 

Erschöpfung, Burn-out oder Erschöpfungsdepression: Das sind die Unterschiede 

Erschöpfung
Ich bin erschöpft – das ist ein Satz, den man ab und zu schon mal von sich gibt. 

Du strengst dich an. Danach bist du platt. Nicht weiter besorgniserregend. Sich anzustrengen und dann erschöpft zu sein, ist völlig normal. Wenn du das aber oft hintereinander machst – ohne dich zwischendurch zu erholen –  dann ist das ungesund und führt zu Erschöpfung. (Wie du dich zwischendurch mal entspannst, liest du in meinem Blogartikel „5 pragmatische Tipps für sofortige Entspannung.)

Signale für Erschöpfung sind: 

  • Grippegefühl: Halsschmerzen, geschwollene Lymphknoten
  • Keine erholsame Nachtruhe: Schlafstörungen, ständig unausgeschlafen sein.
  • Verspannungen: Kopf- und Gliederschmerzen.
  • Verdauungsstörungen: Übelkeit, Appetitlosigkeit, Magenschmerzen usw.

Das ist noch kein Fall für den Therapeuten. Jeder ist mal schlapp und erkältet. Geht das aber schon Wochen so, dann befindest du dich wahrscheinlich auf der Vorstufe zum Burn-out. 

Burn-out oder auch Burnout-Syndrom (von englisch burn out ‚ausbrennen‘), ist der Oberbegriff für bestimmte Arten von persönlichen Krisen. Sie treten als Reaktion auf andauernden Stress und Überlastung am Arbeitsplatz auf. So ähnlich lautet die Definition auf Wikipedia.

“Stress und Überlastung am Arbeitsplatz” – aha, nur da? 

In unserer Gesellschaft wird “Arbeitsplatz” eigentlich fast immer mit “bezahlter Arbeit” in Verbindung gebracht. 

Ein Ort, der oft nicht mit dem Wort „Arbeitsplatz“ in Verbindung gebracht wird: Die Familie. Die Arbeit einer Mutter wird nicht bezahlt, ist somit irrelevant. Zurecht – denkt vielleicht der ein oder andere – denn was macht eine Hausfrau und Mutter den ganzen Tag? Die hat ja keinen Stress und kann zuhause bleiben. Hat keinen doofen Chef und nervige Kollegen vor der Nase! Und kann den ganzen Tag mit den Kindern spielen.”

Na gut. Du und ich wissen: Es gibt kaum einen Job, der anstrengender ist. Die Arbeit einer Hausfrau und Mutter ist so umfangreich, da könnte ich Seiten schreiben. 

In letzter Zeit ist der Begriff “Mental Load” aufgekommen. Geistige Belastung deshalb, weil das Gehirn durch die Liste von Alltagsaufgaben, die es in der Familie zu organisieren gibt, “verstopft” wird. Diese Aufgaben sind umgangssprachlich nicht der Rede wert und somit weitgehend unsichtbar. Daher hat selbst Wikipedia die Arbeit in der Familie noch nicht als Arbeitsplatz definiert. So viel zum Burn-out.

Jetzt fehlt noch die Erschöpfungsdepression.  

Erschöpfungsdepression
Der Burnout kann als Startpunkt einer Erschöpfungsdepression verstanden werden, der durch viele körperliche und seelische Symptome gekennzeichnet ist. Also, zuerst ist da Erschöpfung. Wenn du dich nie erholen kannst, führt das zum Burn-out. Und wenn der Burn-out richtig übel ist, dann hast du eine Erschöpfungsdepression. 

Aha, und woran merkst du, dass du Burn-out oder Erschöpfungsdepression hast?

Wie du merkst, ob du Burn-out hast?

Du bist erschöpft und dein Körper sendet dir ständig Signale, die du nicht mehr ignorieren kannst, z.B. 

  • Muskelschmerzen
  • Halsschmerzen
  • Gelenkschmerzen
  • Schlaflosigkeit
  • Herzrasen 
  • Verdauungsbeschwerden
  • Magenschmerzen
  • häufige Infekte

Diese Signale tauchen einzeln oder in Kombi auf. In diesem ausführlichen Blogartikel erfährst du, wie ein Burnout sich körperlich äußert. Oft fängt es mit Schlafmangel an. Wenn du abends ins Bett gehst, kommst du ein wenig zur Ruhe. Jetzt können sich z.B. Gedanken über ungelöste Konflikte in deinem Gehirn breit machen. Du schaffst es, irgendwie einzuschlafen – aber dein Hirn arbeitet auf Hochtouren. Um 3 Uhr bist du wach und kannst nicht mehr einschlafen! Schlafmangel ist der Horror – du erinnerst dich vielleicht noch an die ständig unterbrochenen Nächte mit deinem Baby?
Dein Körper ist total fertig. Und dann kommt eins zum anderen.

Hier vier zentrale Symptome, die als besonders typisch für die Erschöpfungsdepression gelten: 

  1. Körperliche und emotionale Erschöpfung.
    Körperliche Erschöpfung – das habe ich oben gerade beschrieben. Was ist emotionale Erschöpfung? Ich verstehe das so: Du bist ständig gereizt, hast keine Geduld, wirst schnell laut mit den Kindern und dem Partner. Du fühlst dich innerlich leer – und hast keine Kraft, daran etwas zu ändern.
  1. Der Zynismus gegenüber der Tätigkeiten.
    Ich übersetze mal: Du stehst in der Küche und denkst: “Warum koche ich überhaupt? Die Kinder meckern eh nur rum, dass es nicht schmeckt. Sollen sie doch Ketchup-Brot essen.” Oder: “Das Bad ist in einer Woche eh wieder dreckig. Warum soll ich dann überhaupt putzen?”
  2. Die wahrgenommene und eintretende Ineffektivität im beruflichen/privaten Kontext. Wenn du keinen Sinn mehr in deinen Tätigkeiten siehst, machst du sie nicht mehr. Weder im Job noch daheim. Du triffst dich nicht mehr mit Freunden, weil du denkst: “Ich bin so ein Jammerlappen. Das kann ich den anderen nicht zumuten.” Immer öfter verkriechst du dich unter deiner Decke.
  3. Das Gefühl der Hilflosigkeit.
    Zuerst fühlst du dich überflüssig. Dann merkst du: “Ich kann an diesem Zustand nichts verändern.” Das ist das tiefe, schwarze Loch, in dem dein Selbstwert begraben wird. Wenn du da einmal reingefallen bist, kommst du ganz schwer alleine wieder raus. 

Kennst du eines oder alle dieser Symptome? 

Ursachen für Burn-out und Erschöpfungsdepression

Okay, die Symptome sind klar. Aber wie konnte es so weit kommen? 

Das frage ich mich – und Google. Ich finde diese Ursachen:

  • Perfektionistische Einstellungen
    „Ich muss alles richtig und 150-prozentig machen. Ich darf mir keine Fehler erlauben. Ich bin für alles verantwortlich. Ich muss allen gerecht werden. Ich muss alles unter Kontrolle haben.“
  • Geringe Kompetenzerwartung
    „Ich schaffe es ja doch nicht. Ich habe gar keine Chance.“
  • Sehr ausgeprägtes Harmoniebedürfnis
    „Alle müssen zufrieden sein. Ich darf niemanden kränken. Ich darf nicht Nein sagen.“
  • Überzeugung, von außen gesteuert zu werden
    „Ich bin nur ein ganz kleines Rad im Getriebe: Andere bestimmen über mich. Ich bin nur eine Marionette.“

Ich fühle mich ertappt. Einige Punkte dieser Liste kenne ich gut. Die Gründe für einen Burn-out oder eine Erschöpfungsdepression liegen also zum Teil weit in der Vergangenheit. 

Das liegt unter anderem an

  • … der Erziehung, z.B. durch die Eltern. 
  • … den Erwartungen der Gesellschaft an Mädchen und Frauen. Diese Thema allein ist ein neuer Artikel – Evke Ruffles hat ein ganzes Buch darüber geschrieben: “Die Erfindung der Hausfrau” 

Zurück zu den zwei Punkten, bei denen ich mich ertappt fühle: “Allen gerecht werden” und “nicht Nein sagen dürfen”.

Diesen einen Fehler solltest du jetzt auf keinen Fall machen!

Ich hab’s ja schon angeteasert. Ganz am Anfang dieses Textes habe ich geschrieben: Den größten Fehler, der mich in den Zustand völliger Erschöpfung und innerer Leere geführt hat, habe ich schon viele Jahre vorher gemacht. 

Ich stelle fest:
Ich habe meine Probleme nicht wahrgenommen und bagatellisiert. Das bedeutet so viel wie “als nicht wichtig, als unbedeutend, geringfügig ansehen, darstellen”. 

Beispiel gewünscht? In meinem Job als Marketingreferentin in einem Kinderzeitschriften-Verlag wurde ich von der Chefin degradiert und zum Schluss entlassen. Meine Projekte liefen hervorragend. Aber schon beim Einstellungsgespräch schrillten bei mir die Alarmglocken, als sie sagte: “Wir haben das Gleiche studiert, aber so eine gute Diplomnote wie Sie habe ich nicht.”

Die Alarmglocken habe ich extra überhört, weil ich den Job unbedingt wollte. Als die Probleme zwischen uns immer mehr wurden, habe ich alles klein geredet und mir gesagt: “Susanne, sei froh, dass du einen Job hast. Andere sind arbeitslos. Und wahrscheinlich liegt es an deiner unmöglichen Art, dass du so behandelt wirst – selbst schuld.” Im Nachhinein – – kann ich sagen: Ich habe mich selbst im Stich gelassen. 

Wenn es dir nicht gut geht, du ständig erschöpft bist – rede es nicht klein, als wäre es nichts. Kümmere dich um dich. Hol dir Hilfe!  

Wo bekommst du (schnell) Hilfe?

Welche Form von Hilfe du benötigst, hängt davon ab, wie groß deine Erschöpfung ist.
Was trifft auf dich zu?

  1. Ich bin im Moment ein bisschen erschöpft und ab und zu mal genervt. Aber es ist noch kein Dauerzustand.
    Mein Tipp: Überlege dir,  
    • … was dir gut tut.
    • … wie und wo du dich entspannen kannst.
    • … wie du diese Entspannung regelmäßig in deinen Alltag einbaust.
    • … welche Tätigkeiten du abgeben oder sein lassen kannst, ohne schlechtes Gewissen. 
  1. Ich bin ständig gereizt, leide unter Schlafmangel und finde keine Ruhe.
    Mein Tipp: Rede mit deinem Hausarzt. Er kann dir etwas verschreiben, was dir hilft, besser zur Ruhe zukommen. Bei mir war das Johanniskraut.
    Wenn du eine Auszeit brauchst, kannst du deinen Hausarzt bitten, dich bei einem Kur-Antrag zu unterstützen. Mein Tipp: Reha OHNE Kinder! Damit du mal Prio 1 bist.
    Bis dein Antrag genehmigt ist und du in Kur kannst, kann es Wochen und Monate dauern.

  2. Ich fühle mich innerlich total leer und sehe keinen Sinn darin, morgens aufzustehen. Mein Tipp: Jetzt wird es Zeit für einen Experten – ein Therapeut. Schnell einen Therapieplatz vor Ort zu finden, ist wie ein 6er im Lotto – fast unmöglich! Frage bei deiner Krankenkasse nach, ob sie Online-Therapie anbietet. Ich kann das aus eigener Erfahrung empfehlen. 

Vielleicht denkst du: “Bestimmt gibt es außer mir keine, der es so geht.” Stimmt nicht, hast du ja gerade gelesen. Im Netz findest du Soforthilfe: Bei der Deutschen Depressionsliga gibt es einen Hilfecenter. Hier findest du – neben Telefonnummern und Chat – einen Depressions-Check. 

Die Telefonseelsorge hat auch ein gutes Angebot. Du kannst mit den Mitarbeitern telefonieren, eine Mail schreiben oder mit ihnen chatten. Wenn du selbst nicht in der Lage dazu bist, bitte deinen Partner oder eine Freundin, dir bei der Kontaktaufnahme zu helfen.

Das Wichtigste: Bleib nicht in deinem tiefen, schwarzen Loch sitzen.

Mein Fazit: Warte nicht, bis es zu spät ist. Nimm dich und deine Probleme ernst – bevor es richtig schlimm wird. Such dir Hilfe. Denn die gibt es. 

 

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